Bereits im Mittelalter gab es so etwas Ähnliches wie Wellness-Tempel: Es waren die öffentlichen Badhäuser, wo man nicht nur Körper- und Gesundheitspflege betrieb, sondern sich auch zu sozialem Austausch — damals noch Klatsch und Tratsch genannt — traf. Eines der Badhäuser, das Badhaus aus Wendelstein hatte Glück: Es wurde abgebaut, restauriert und im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim wieder aufgebaut.
Nach mehrjähriger Bautätigkeit steht es diese Saison zum ersten Mal den Besuchern zur Verfügung. Und die können sich nun leibhaftig ein Bild davon machen, wie Hygiene und „Wellness“ im Mittelalter aussahen. Erbaut wurde es ursprünglich 1450 auf den Resten eines im Ersten Markgrafenkrieg weitgehend zerstörten Vorgängerbaus. 1732 hatte das Haus durchgreifende bauliche Erneuerungen an der West- und Nordseite des Gebäudes erfahren. Spätestens zu diesem Zeitpunkt endete auch Aufgabe des Badebetriebs.
In der Blütezeit der Badhäuser im 15. und 16. Jahrhundert gab es zumeist zwei bis drei wöchentliche Badetage. Die meisten Badegäste nahmen bei ihrem Badhausbesuch ein Schwitzbad: Das heißt sie saßen ganz ähnlich einer heutigen Sauna auf den gestaffelten Holzbänken neben dem mächtigen Badofen, aus dem immer wieder Dampf aufstieg, wenn Wasser auf die heißen Badsteine im Inneren gegossen wurde.
Ein prächtiger Bau: Das Badhaus aus Wendelstein wurde nach mehrjähriger Bauzeit fertiggestellt und bereichert das Fränkische Freilandmuseum Bad Windsheim. | Fotos: Fränkisches Freilandmuseum Bad WindsheimAuch Wannenbäder in großen hölzernen Zubern wurden in den Badhäusern angeboten. Sie waren aber deutlich teurer und wurden daher vermutlich seltener genutzt. Frauen und Männer badeten übrigens in der Regel separat voneinander in eigens durch einen Sichtschutz abgetrennten Bereichen der Badstube.
Die Bader waren zum einen Betreiber der Badstuben und richteten die Badetage aus, was im Vorfeld einen großen Aufwand bedeutete, um gemeinsam mit ihrem Personal genügend Wasser und Holz herbeizuschaffen und die Öfen anzuheizen. Allein der Warmwasserkessel fasste 600 Liter! Zum anderen waren die Bader aber auch Wundärzte und als solche eine immens wichtige Anlaufstelle für Kranke gerade im ländlichen Raum, wo es lange keine studierten Ärzte gab.
Wer möchte, kann den Besuch des Badhauses mit der traditionellen MuseumsNacht unterm Sternenhimmel verbinden. Diesmal öffnen sich dazu die Pforten am 25. Juni von 18 bis 24 Uhr. Es ist einfach schön, in einer lauen Sommernacht mit der Familie oder Freunden durch das Fränkische Freilandmuseum zu flanieren, hier und da zu verweilen, zu lauschen, zu staunen und zu genießen.
Aus den Höfen und Scheunen klingt Musik — die Palette reicht dabei von Singersongwriter-Sounds über jiddische Klänge, Balkan-Rhythmen und Volksmusik bis hin zu Rock und Klassik. Dazwischen gibt es Mundartliches und auch Poetisches. Auf den Wegen zwischen den einzelnen Aufführungsorten sind Jaques und Omelette mit ihrem knallroten Gefährt zum Südpol unterwegs und geben alles, um glorreich zu scheitern — ein abgefahrenes Stück Straßentheater mit dem Duo „einfach riesig“.
Rosa AmbrosiaAuch Ingrid Irrlicht ist unterwegs — als Rosa Ambrosia und Sternenfrau Lucinda. Zu vorgerückter Stunde mischt sie sich unter die Museumsbesucher und lässt es glitzern. Hinter dem Jagdschlösschen aus Eyerlohe steigen „Trifabula“ in halsbrecherische Höhen aufs Trapez und Zauberisches bieten Mosche Karlo in der Scheune aus Mailheim und der Magier Bernd Distler in der Scheune aus Enkering.
Auf den Feldern werden die letzten Arbeiten des Tages verrichtet, bevor es heimwärts in die Höfe geht zur abendlichen Stallarbeit und in der Baugruppe Industrie & Technik wird der neu aufgeschichtete Kohlenmeiler entzündet. Eine Woche dauert es, bis aus dem Buchenholz Grillkohle entstanden ist. Nach Einbruch der Dunkelheit erhellen Fackeln die Wege zwischen den Museumsdörfern und mit dem Mitternachtsfeuer auf dem Museumshügel klingt die längste Nacht im Freilandmuseum mit Alphornklängen und Gesang leise aus.
Zum Jubiläums-Sommerfest zum 40-jährigen Bestehen lädt das Freilandmuseum Bad Windsheim am 23. und 24. Juli ein. Beim großen Festumzug am Sonntag, 24. Juli um 13 Uhr, können die Gäste 40 historische Schlepper und Oldtimer bewundern.